Die Revolution ist das größte, alles andere ist Quark.
Rosa Luxemburg

Dienstag, September 26, 2006

Statistiken

nennt mich Neugierig oder Eitel, ja, ich bin so einer, der sich gern die Statistiken seines Weblogs anschaut. Nicht nur um zu wissen, wieviele hier überhaupt mitlesen (aus dem Nähkästchen: es sind im Schnitt 13 Besucher am Tag - ich weiß dass das gerade zum Gamma-Blogger reicht), auch um zu wissen, wofür sich der geneigte Leser so interessiert.

Ich bekomme nämlich hier nicht nur Browserkennung und Betriebssystem zu sehen (die IP-Adresse allerdings nicht), auch die Referenz-Adresse und die Suchbegriffe, über die ihr via Google & Co. bei mir landet.

Ich versuche hier ja immer liberal zu schreiben, nicht zuletzt damit mir nicht irgendwelche Repressionsorgane hier rumtanzen, oder noch schlimmer: meine Privatsphere mißachten. Nun, ich weiß nicht wie Google drauf kommt, aber ein Leser hat sich doch tatsächlich über den Suchbegriff "Billige Sprengstoff Anleitung" hierherverirrt, bei dem ich bei der beliebten Suchmaschine auf Platz 9 der Suchergebnisse lande.

Ok, also für alle, die hier Anleitungen zum Bombenbauen, zur den Grundlagen des Terrorismus, zu Selbstmordattentaten oder urbaner Kriegsführung suchen: Fehlanzeige. Müsst ihr woanders suchen. Ich kann euch hier nicht mal die Anleitung zum Bau einer Kartoffelkanone anbieten. Pustekuchen. Am Ende sitz ich selbst noch in der U-Bahn, die ihr zum Kriegsziel erklärt. Nee, nee. Mein Sprengstoff sind Meme, meine Waffe ist das Wort. Aber wenn ihr die Regierung stürzt, ladet mich mal zum Kaffee ein. Wir haben viel zu besprechen.

Nachtrag: wenn ihr wollt, dass ich euch nicht mehr in den Statistiken hinterherschnüffle, hinterlasst doch mal ein Kommentar, dann fühl ich mich hier nicht mehr so einsam.

Montag, September 25, 2006

Buchtipp: Krieg in Mirandao

Lang nicht mehr ein so spannendes Buch gelesen: die CR eine revolutionäre Untergrundorganisation innerhalb der Sozialistischen Partei Brasiliens plant tatsächlich mal wieder eine Revolution. Sie sieht das revolutionäre Potenzial der Favelas (das Volk steht schon in Waffen) und nimmt Kontakt zum Drogenboss der Favela Mirandao auf: dieser soll von den umliegenden Unternehmern Schutzsteuern eintreiben, welche - um die Gunst der Bewohner zu erlangen - in soziale Projekte in der Favela gesteckt werden. Die Zentrale der CR ist ein als Nachbarschaftszentrum getarntes Gebäude. Alles scheint gut zu laufen, doch es wird zu Ruhig in der Favela.

Favela in Rio de Janeiro, (cc) Laughlin Elkind

Dieser Revolutions-Krimi aus Rio de Janeiro lebt von der Sehnsucht nach einer besseren Welt, von der Möglichkeit einer Revolution, die - gut geplant - heute anders verlaufen muss, als vor hundert Jahren. Die Strukturen des Favela-Lebens, der "Revolutionäre", der NGOs und Priester, der Drogenmafia, der korrupten Polizei - all das wird gut dargestellt und eingearbeitet. Den roten Faden führt ein Journalist auf der Suche nach einer Top-Story, denn mit einer verdammten Leiche in der Favela lässt sich heute kein Journalistenpreis mehr gewinnen. Die Geschichte ist durchaus realistisch, nicht zuletzt deshalb, weil der Revolutionsversuch am Ende ... Aber lest selbst.

Ein Preview des Romans hat die Jungle World veröffentlicht. Wer das Buch nicht kaufen will, kann es bei mir übers Leihnetzwerk ausleihen.

Fernando Molica: Krieg in Mirandao, Edition Nautilus, ISBN: 3-89401-495-4

Dienstag, September 19, 2006

TV-Tipp: Themenabend Christlicher Fundamentalismus

Mal jenseits vom Oberhirten der größen Sekte der Welt, der ja bekanntermaßen gewisse Realitäten ignoriert, finden sich religiös-fundamentalistische Gruppen eher im evangelikalen Spektrum: sie lehnen die Evolutionstheorie ab, wollen Schwule heilen und kämpfen für die Jesus Revolution.

Arte behandelt den neuen christlichen Fundamentalismus heute in einem Themenabend:
Fast täglich berichten die Medien über religiös motivierten Fanatismus, der zum Zeichen radikaler Bewegungen geworden ist. Viele fühlen sich in Europa noch relativ sicher und glauben fest auf dem Boden von Aufklärung und Demokratie zu stehen. Doch das Fundament ist brüchig, der "alte" Kontinent wird langsam vom christlichen Fundamentalismus erfasst. Fast unbemerkt setzen freie evangelikale Kirchen und Bewegungen zum konservativen Siegesszug an. Mit der Bibel in der Hand, mit militärischer Disziplin und dem Horrorszenario der Hölle bekämpfen sie das Böse. Damit erobern sie nicht nur die Schulen und die Jugend in Deutschland, England, Frankreich oder Holland, auch in den Migrantenmillieus sind sie zu Hause. Ein Themenabend mit christlichem Sprengstoff!

Wer lobenswerterweise keine Glotze hat, kann ihn ja via OTR mitschneiden.

Hände aufn Tisch und Finger aus der Nase, junger Mann!

Dass man heute überall in den Innenstädten gefilmt und überwacht wird ist man erschreckenderweise schon fast gewohnt. Im nordenglischen Middlesbrough kann es passieren, dass man nicht nur beobachtet wird: an manchen der Überwachungskameras sind Lautsprecher angebaut über die die staatlichen Organe ihre Bürger zu mehr sozialem Verhalten erziehen wollen. Wer beispielsweise Nachts betrunken nach Hause torkelt, vielleicht dabei ein Liedchen lallt, könnte in etwa diesen Spruch zu hören bekommen: "Warning - you are in an alcohol-free zone, please refrain from drinking".

"Junger Mann, würdest Du bitte aufhören in der Öffentlichkeit zu popeln?"
könnte der nächte Schritt der Erziehungsoffensive sein. "Versteckte Kamera" wird zum Massenspaß.

Montag, September 18, 2006

Party On!! Berlin!!

file under: Thema verfehlt.

Donnerstag, September 14, 2006

Supertagger bei Google

Dass postmoderne Konsumenten immer häufiger in die Produktion eingebunden werden, fasst man unter dem Begriff des Prosumenten zusammen. Hier ist der Kunde nicht nur König, sondern auch unbezahlte Arbeitskraft. Das Prosumieren ist längst Teil der Produktions-Konsum-Kette: vom Onlinebanking bis hin zum Guerilla-Marketing nutzen Unternehmen die Ressource Konsument, ohne diesem wenigstens über einen Rabatt zu bezahlen. Und auch ich habe vor kurzem die Selbstbedienungskasse bei Real ausprobiert, musste aber feststellen, dass mir gestresste Kassierer dann doch lieber sind, als mich von einem Computer vollsülzen zu lassen. (Ich konnte übrigens nicht rauskriegen, ob es sich hier besser klauen lässt, bin einfach zu feige dafür.)

Auch die alte Tante Google nutzt den Prosumenten als williges Werkzeug. Spielerisch verpackt sollen Anwender mit dem Image Labeler Fotos aus der Google Bildersuche taggen. Google hat anscheind bemerkt, dass auch der beste Algorithmus dem Menschen kaum überlegen sein dürfte. Der lumpige Lohn für die Taggarbeit ist ein eventueller Einzug in die Hall of Fame. Supertagger. Wenn man sich das alles so anschaut, werde ich den Verdacht nicht los, dass das vielbeschworene Web 2.0 nur ein Mittel zum rekrutieren kostenloser Arbeitskräfte ist.

Mittwoch, September 13, 2006

Wahlkampfscheiß

Da konnte ja wohl nix bei rauskommen, wenn sich Funktionäre die Methoden sozialer Bewegungen aneignen wollen. Mit der Ankündigung "endlich auch mal wie die Reichen" essen zu wollen, sind anscheind heute 20 Anhänger der Berliner Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) zum Nobelrestaurant Borchardt gezogen, um sich auf Kosten des Finanzsenators satt zu essen. Natürlich warteten dort schon Polizei, Borchardts Haussecurity und dutzende Journalisten.

So wird das nie was mit subversiven Aktionen. Liebe WASG, erstens: man kündigt eine subversive Protestaktion nicht groß an, zweitens man begeht sie möglichst anonym, drittens man mißbraucht Aktionsformen sozialer Bewegungen nicht für seinen bekloppten Wahlkampf. Außerdem wird euch niemand abnehmen, dass ihr mit Hartz-4 in einer Sozialwohnung in Neukölln wohnt.

Das Original war jedenfalls um Meilen besser und verdient meinen vollsten Respekt.

(Der Artikel im Spiegel Online ist Scheiße. Ich hab ihn nur verlinkt, weil ich darüber auf die Aktion gestoßen bin. Ach ja, Spiegel Online: Die Sozialneidtheorie mit der ihr und eure Medienkollegen sozialen Protest ständig mundtot machen wollt nervt langsam. Denkt euch mal was neues aus. Wir sind nicht neidisch - wir sind überflüssig.)

Dienstag, September 12, 2006

Schlag ins Wasser

Wie Indymedia berichtet wurden letzen Donnerstag diverse Server des TOR-Netzwerks beschlagnahmt und teilweise gelöscht. TOR (The Onion Router) bietet anonymisierten Zugang zum Internet. Natürlich war es die Suche nach Kinderpornoverbreitern, die zu diesem "Schlag gegen die Privatsphäre" führte.

Der Schlag dürfte aber eher ein Schlag ins Wasser gewesen sein: Anfragen, die über das Tor-Netzwerk gestellt werden, werden nach dem Zwiebelprinzip verschlüsselt und über verschiedene Server an die Zieladresse geleitet. Die Server speichern weder Log-Dateien, noch kann man an den einzelnen Knotenpunkten herausfinden von wo und mit welchem Inhalt die Anfrage kommt. Genau diese Eigenschaft macht Tor auch so wirkungsvoll: Sicherheitsbehörden oder Neugierige haben einfach nichts davon, die Übertragungsdaten anzuschauen. Politisch Andersdenkende können sich hinter der Anonymität verstecken und natürlich nutzen auch Terroristen und Kinderpornoringe solche Technologien. Dass auch diese Gruppen kommunizieren kann man nicht verhindern. Das (dezentrale) Netzwerk wird auch ohne die zehn Server funktionieren. Und dass es eine Hand voll Verbrecher gibt, die Tor benutzen ist noch lange kein Grund, tausenden anderen Nutzern (NGOs, politsch Andersdenkende, UFO-Forscher, Paranoide) diese Technik zu zerstören, oder zumindest unbeteiligten Serverbetreibern die Festplatten zu löschen.

Fakt ist, dass ein anonymisiertes, verschlüsseltes Netzwerk Sicherheitsbehörden nicht gerade Freude bereitet. Die Beschlagnahme und Löschung der Server sieht mir eher nach Hilflosigkeit aus: wenn wir euch schon nicht kontrollieren können, können wir euch wenigstens ein bißchen Schikanieren.

Sonntag, September 10, 2006

Linux from Scratch - erstmal Pause (2)

Nun, wird Zeit zu berichten, was aus meinem LFS geworden ist. Ich habe alles mehr oder weniger nach Anleitung ausgeführt - bis zum Kapitel 5.7, wo ich aufgefordert werde unbedingt [...] die korrekte Funktion der Toolchain [...] zu prüfen. Laut Murphy konnte es nicht funktionieren. Es gab also Fehlermeldungen. Linux From Scratch sagt dazu: "Sie müssen alle Ihre Schritte noch einmal überprüfen und den Fehler finden und korrigieren. Fahren Sie nicht fort, bevor Sie den Fehler nicht beseitigt haben." Also. Dann war erstmal Pause angesagt. Keine Ahnung, was mein Fehler war, ich denke aber, ich werde alles nochmal von vorn durchführen. Irgendwo wird sich ein Tippfehler oder so versteckt haben.

Das Wetter ist allerdings zu gut, um diesen Nachmittag am PC zu verbringen. CU outside.

ältere Beiträge zum Thema:
Linux from Scratch - Die Herausforderung (1)

Samstag, September 09, 2006

Reduce your Footprint - Faire Schuhe (3)

Wie die Schuhe nach drei Monaten tragen aussehen, kannst Du dort lesen: HIER!KLICKEN!

Während wir heute fair gehandelten Biokaffee oder Schokolade an jeder Ecke kaufen können (sogar bei Edeka gibts extra Fairtrade-Marken), ist dies bei Kleidung schon komplizierter. Im Eine Welt Laden gibts dann höchstens mal Wickeltücher oder T-Shirts mit Ethnomuster. Wems gefällt...

Aber gerade Kleidung ist öfters Thema von Fair Trade-Kampagnen. Mode lebt von tollen Marken. Während die Marke (und die Marketingkampagne) in Europa oder den USA konzipiert wird, wird das Produkt letztendlich am anderen Ende der Welt gefertigt: klar in China, Guatemala oder Mexiko nimmt man es mit Arbeitsschutz, Gewerkschaftsfreiheit und anderen Arbeitnehmerrechten nicht so ernst und die Arbeitskraft ist billig. An einem fiktiven Schuh für 120 Euro verdient der Arbeiter im durchschnitts-Sweatshop gerade mal 60 ¢ent. Auf dieser Grafik wird deutlich, wohin die restlichen 119,40 gehen: Marketing, Handelsspanne, Markenfirma.

Bei all der Kritik an dieser Form der neoliberalen Wirtschaftsweise fehlte es lange Zeit an ernstzunehmenden Alternativen. Wie gesagt, wer den Ethnolook nicht mag, war aufgeschmissen. Zum Glück hat sich daran inzwischen einiges geändert.

Vor einem Jahr tat sich das erste Paar halbwegs stylischer "fairer Schuhe" auf. Die Black Spot Sneaker wurden von der Initiative AdBusters entworfen und zu vernünftigen Arbeitsbedingungen in Portugal produziert. Inzwischen gibt es einige Nachfolger: No Sweat, Veja und Antipathy Antiapathy bieten inzwischen fair produzierte Turnschuhe für verschiedene Geschmäcker.

Natürlich wäre es am vernünftigsten, man würde die Schuhe vor Ort unter mitteleuropäischen Arbeitsstandards produzieren. Marketingkosten würden minimiert, da das Label "Fair produziert" für viele schon einen ausreichenden Konsumgrund liefert. Transport- und damit Umweltkosten wären minimal und Arbeitskräfte stehen genug zur Verfügung.

Bis es soweit ist (das soll ein Aufruf sein, ein solches Unternehmen zu gründen, am besten genossenschaftlich organisiert. Ich bin leider nicht so der Unternehmer...) müssen wir die fair trade sneaker importieren.

Auf meiner Suche nach neuen Schuhen bin ich auf Fair Wear gestoßen, einem recht jungen Versandhandel mit fair gehandelter Street Wear. Das Angebot ist noch recht mager, reicht aber vom T-Shirt über Kaputzenpulli bis hin zu Schuhen. Ich habe den Escape Vegan bestellt, ein Schuh von Worn Again, der nebenbei auch noch Ressourcenschonend ist: Er besteht (laut Werbetext) zu 99% aus recycletem Material, im Kaufpreis sind außerdem 15 ¢ für Climate Care eingerechnet, einer Organisation, die ähnlich wie Atmosfair die beim Transport entstandenen Emissionen wieder "einspart".

Der Versand ging schnell, leider haben die Jungs mir die falsche Größe geschickt. Umtauschen war aber kein Problem (es gab sogar noch eine Tüte Bio-Gummibärchen als Entschuldigung). Über die Qualität kann ich noch nicht viel sagen: der Schuh sitzt gut und bequem und macht einen soliden Eindruck. Auf ihrer Website versprechen die Hersteller, dass sie die Schuhe kostenlos reparieren, wenn sie kaputt gehen. Wenn das mal kein Service ist.

Es gibt sie also inzwischen: die Alternativen zum Sweatshop-Swoosh. Fair Wear, Antiapathy und Co. werden damit zwar den Kapitalismus nicht abschaffen, bis es soweit ist geben sie allerdings die Möglichkeit zu einem fairen Austausch, bei dem man auch auf seinen persönlichen Style nicht verzichten muss.

Sascha von Fair Wear war so nett, mir ein paar Fragen per E-Mail zu beantworten:

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Geschäft mit fair gehandelter Street Wear aufzuziehen?

So wirklich angefangen hat das durch die Mitarbeit an einer Wanderausstellung zu Arbeitsbedingungen in der Sportartikelindustrie und einer Magisterarbeit zum Thema Liberaliesierung der Textilmärkte. Besonders für die Ausstellung waren wir ständig auf der Suche nach Alternativen. Da gab es aber nur ganz wenig, dessen Style mir auch gefiel. Je intensiver ich mich mit dem Themenbereich auseinandergesetzt habe,
deesto größer wurde das Bedürfnis nach fairen Sachen. Zusammen mit der
Frage "Was tun als Sozialwissenschaftler nach dem Studium" entwickelte
sich die Idee fairer Streetwear immer weiter.

Warum soll ich als zufriedener Markenkunde auf fairtrade-Klamotten umsteigen?

Da gibt es viele Gründe. Natürlich vor allem politische: die miesen Arbeitsbedingungen in den Weltmarktfabriken und die ökologische Katastrophe. Die schlechten Arbeitsbedingungen haben natürlich auch Rückwirkungen auf die Arbeitsbedingungen hier. Wir sollen länger arbeiten, die Löhne sinken, die "Lohnnebenkosten" müssen runter. Das liegt einfach an der Konkurrenz, die wir selbst erzeugen, indem wir denken: "Billig, billig und billig muss es sein!"
Bei einem Marken-Turnschuh gehen 30% in die Marke und die Werbung, die
Arbeiterinnen bekommen nicht mal 1%. Dabei sind Markenklamotten teuer, oft teurer als unsere Sachen. Dabei sind sie oft auch noch mit Schadstoffen belastet, d.h. in meinen Augen ist die Qualität dadurch schlechter. Außerdem sind unsere Sachen anders als der Einheitsbrei der Modediscounter. Bei den Worn Again z.B. ist jede Sohle ein Unikat. Wenn es ab November die Möglichkeit gibt unsere Kollektion zu kaufen, können die KundInnen auch eigene Shirts in Auftrag geben, sogar Einzelstücke wenn sie wollen!

Müssen sich die Produzenten bei euch an bestimmte Standards halten? Woran erkennt man fair produzierte Kleidung? Gibt es Zertifikate?

Einen eigenen festen Standard haben wir noch nicht. Wir könnten es uns einfach nicht leisten, den auch unabhängig kontrollieren zu lassen. Allerdings legen alle Hersteller offen, wo sie produzieren (lassen) und wie viel die Leute in der Fabrik verdienen und welche Sozialleistungen sie bekommen. Das ist schon mal der größte Unterschied zu konvenzioneller Kleidung.
Einige Hersteller z.B. Worn Again sind zertifiziert, anderen glauben wir
einfach z.B. No Sweat. Wir schauen dann natürlich genau hin, dass das in unseren Augen fair ist. Im Einzelnen kann man das aber bei uns auf der Seite nachlesen.

Euer Angebot ist noch nicht besonders groß. Sind Fair Trade-Klamotten ein Nieschenprodukt? Wie sind die Tendenzen?

Unser Angebot ist auch deshalb so klein, weil wir so wenig Kapital haben.
Die Sachen stapeln sich zusammen mit unseren Schreibtischen auf 18m². Garagenbetrieb halt...
Als ich vor ca. 2 Jahren angefangen habe zu suchen, gab es in Europa so gut wie nix. Die meisten unserer Lieferanten sind in dieser Zeit entstanden. Jetzt gibt es immerhin etwas - mehr als wir uns leisten können vorzustrecken. Meiner Einschätzung nach boomt faire stylische Kleidung allerdings viel mehr als in Deutschland. Besonders England ist der Wahnsinn, da haben manche Kleidungs-Discounter auch Biojeans. Deutschland ist da einfach noch nicht so weit.

Meint ihr, dass fair gehandelte Kleidung so wie Kaffee oder Schokolade irgendwann die großen Handelsketten erreicht? Ist das überhaupt wünschenswert, oder sind Initiativen "von unten" wichtiger?

Puh, schwierige Frage. Das hängt natürlich von den KonsumentInnen ab. In anderen Ländern scheint das ja zu funktionieren. Insgesamt fänd ich es allerdings wichtig, dass sich die Konsumkultur insgesamt ändert. Lidl hat zwar fair gehandelten O-Saft, aber ob ich den auch noch wirklich fair nennen würde, wenn die Kassiererin den über den Scanner gezogen hat, weiß ich nicht. Von unten ist halt immer am besten. Ob sich das wirklich alle leisten können ist dann allerdings eine andere Sache.

Wie ist eure Kundenstruktur? Kaufen bei euch nur Globalisierungskritiker und andere Aktivisten oder auch der typische Niketräger?

Puh , dass weiß ich nicht. Wir bekommen ja nur die Leute zu Gesicht die bei uns vorbeikommen. Das waren bisher meist Freunde und Bekannte. Auf jeden Fall sind alle saunett. GlobalisierungskritikerIn, AnarchistIn, AntideutscheR oder alles zusammen zu sein hat mit "keine Nikes und nicht zu Aldi" ja nicht so viel zu tun. Ich habe übrigens auch ein Paar alte Nikes von meinem Mitbewohner abgeluchst - geile Teile, echt oldschool. ;-)

Habt ihr schon Feedback zur Qualität der Kleidung? (Halten die Fair Trade Sneaker genauso lange wie meine Vans?)

Bestimmt! Arbeiter, die mehr verdienen geben sich ja auch mehr Mühe, oder? Nee, mal im Ernst, FairWear gibt es ja erst seit 3 Monaten, da können wir noch nix sagen. Die einzigen Schuhe im Dauereinsatz sind bisher ein Paar No Sweat Sneaker. Die halten definitiv so lange wie Converse Chucks. Mit meinen Sachen bin ich auch super zufriefden. Alles andere macht einfach einen sauguten Eindruchk auf uns.

Arbeitet ihr mit anderen Importeuren fair gehandelter Kleidung zusammen? Gibt es mehr Händler dafür in Deutschland? Seid ihr vernetzt?

Momentan nur Vinzenz aus München. (www.vandill.com) Der importiert die No Sweat Sachen für uns, weil er deren Distributor für Mitteleuropa ist, hat in seinem Shop aber sonst keine fairen Sachen. (American Apparell nenne ich mal nicht fair...) Wir arbeiten gerade an Kooperationen mit Leuten, die in Zukunft Siebdruck auf unsere Shirts machen wollen. Soweit ich weiß, gibt es aber nicht so viel faire Kleidung in
Deutschland. Spontan fallen mir da LamuLamu und HessNatur ein. Die
verkaufen aber andere Sachen als wir.

ältere Beiträge zum Thema:

Faire Schuhe
noch mehr faire Schuhe

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Freitag, September 08, 2006

Linux kinderleicht

Ich begrüße es ja, wenn Menschen dabei geholfen wird aufs Freie Betriebssystem GNU/Linux umzusteigen. Dem Anfänger sind einige Steine in den Weg gelegt, bevor er das System so fluffig wie ein Windows-System benutzen kann. Wenn diese Hürden erstmal genommen sind, ist es wirklich kein Problem mehr mit Linux viel Spaß zu haben. Den Beweiß haben einige meiner DAU-Freunde angetreten, denen ich Linux aufgeschwatzt habe. Tatsächlich hatte ich aber jedesmal eine Menge Arbeit, bis das System den Vorstellungen entsprach.

Von "Interactive Mailing" kam nun heute eine Spam-Botschaft eines gewissen Reiner Backer, "Linux-Guru" und "Chefredakteur von RUN LINUX". Abgesehen davon, dass ich von Reiner Backer, dem vorgeblichen Linux-Guru noch nie etwas gehört habe, weiß aber Google allerhand zu erzählen. Er muss wohl tatsächlich schon ein paar Bücher veröffentlicht haben.

Die Werbung ist mehr als reißerisch: "So entkommen Sie der Windows-Falle". Aha. Wußte noch garnicht, dass ich mich in einer Falle befinde, wenn ich Windows benutze. Reiner Backer beschreibt, wie schwierig es "früher" war, auf Linux umzusteigen. Da "krachte es bei der Hardwareerkennung" und "hagelte Kernel-Fehlermeldungen" ohne Ende. Damit, so Backer, sei jetzt Schluß. Schließlich gebe es ja das neue Produkt "RUN LINUX", anscheind sowas wie ein Wunderwerk der Computerpublizistik, denn mit "RUN LINUX" können Einsteiger sofort loslegen. "Genießen Sie es doch einfach, wie Sie mit minimalem Zeitaufwand maximale Erfolgserlebnisse erzielen."

Jeder, der sich an eine Linux-Distribution rangewagt hat, hat allerdings gelernt, dass es dann doch nicht so schnell geht: da müssen /etc/fstab und andere Konfigurationsdateien editiert werden, der schöne Lexmark-Drucker sagt erstmal garnichts (man kann froh sein, wenn er überhaupt irgendwann mal mit Linux spricht), der Soundserver schmiert ab, usw. usf. In Linux-Foren kann man die Einsteigerqualen nachlesen.

Ich will hier niemanden davon abhalten Ubuntu oder andere Linux-Distributionen auszuprobieren. Ich selbst benutze sogar Linux. Zu behaupten allerdings, es sei dermaßen einfach und bequem auf Linux umzusteigen halte ich für eine glatte Lüge. Eine gewisse Einarbeitungszeit, den Mut und die Muße sich das System einzurichten und gegebenenfalls zu verbessern gehören immer dazu.

Natürlich war es schon zu vermuten, dass hinter dem tollen Gratisangebot ein kostenpflichtiger Newsletter steckt, den man zwar einfach und bequem durch zwei Mouseklicks online bestellen kann. Die Abmeldung erfolgt dann allerdings weniger bequem per Schneckenpost innerhalb einer Frist von 30 Tagen. Ein mieses Lockangebot also, für leichtgläubige Klickfinger, welches wahrscheinlich wenig neues zu bieten hat. Im Prinzip stehen alle Infos zu Linux & Co im Netz kostenlos zur Verfügung. Wer suchen kann, ist klar im Vorteil.

"Christiansen" - Werbesendung für den neoliberalen Umbau

Dass in unserem achso-demokratischen Staat immer häufiger die Wirtschaft das sagen hat ist längst ein Gemeinplatz. Während sich die Regierung brav von Wirtschaftsbossen ins Gesetzbuch diktieren lässt, hängen Lobbyverbände, wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft Werbeplakate auf um die veröffentlichte Meinung nach ihren Interessen zu korrigieren. Längst hat die neoliberale Wirtschaftslobby auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu ihrer Meinungsbühne gemacht. Eine Studie über die ARD-Politik-Talkshow "Sabine Christiansen" belegt, dass Wirtschaftslobbyisten bei in dem vermeintlich ausgeglichenen Diskutierclub eindeutig das sagen haben.

So wird von den Autoren bemängelt, dass die Ausrichtung einseitig sei: "Die Sendungen zu Reformen zeichnen immer wieder das Bild von Deutschland am Abgrund. Andere Themen und Perspektiven kommen zu kurz." Die Gäste seien Elitär, Gewerkschaften, Sozialverbände und andere gesellschaftliche Gruppen unterrepräsentiert während Unternehmen und Wirtschaftsverbände bevorzugt werden. Weiterhin wird kritisiert, dass in den Diskussionen unternehmensnahe und marktliberale Positionen überwiegen. "Hier findet sich ein systematisch 'verzerrter Pluralismus'".

Diese Analyse zeigt, wie stark die Wirtschaftslobby ist: wenn andere Meinungen in den offiziellen Medien nicht mehr vorkommen, kann es nicht zu einer demokratischen Meinungsbildung kommen. Kein Wunder also, dass kritische Stimmen zu Sozial- und Gesundheitsreformen usw. nicht mehr gehört werden. Kein Wunder, dass trotz gegenteiliger Realität das "Märchen vom Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen" immernoch unwidersprochen von allen nacherzählt wird.

Immer wenn es um Rundfunkgebühren geht, wird der Bildungsauftrag angeführt, den ARD und ZDF hätten. Ein Privatsender könne dies nicht gewährleisten. Wenn, wie die Studie belegt, dieser "demokratische Bildungsauftrag" systematisch unterwandert wird, gibt es kein Argument mehr für allgemeine Rundfunkgebühren. Solange die "andere Meinung" in den Medien systematisch ausgeklammert wird, hat sie keine Chance. Mit Demokratie und öffentlich-rechtlichem Bildungsprogramm hat das nichts mehr zu tun. Die ARD verliert hier ihre Glaubwürdigkeit.

Mittwoch, September 06, 2006

Verschwende deine Jugend

Wenn man mich fragt, was mir die Adoleszenz versüßt hat, dann waren das keine wilden Mädchengeschichten, Diskonächte oder Drogenexzesse (obwohl es das natürlich auch gegeben hat). Nee, es war mein C64. An dem konnte man wunderbar ganze Nachmittage vertrödeln. Diese 8-Bit-Kiste hatte damals allerdings schon eine Art Retro-Charme. Während meine Freunde schon einen Amiga 500, oder gar Spielkonsolen hatten, war der Brotkasten meine Leidenschaft. Ich sammelte Disketten ohne Ende, wahrscheinlich hatte ich 300-400 Stück, alles Raubkopien, da Software bezahlen noch nie in Frage kam. Ich hab sogar Versuche unternommen, das Ding selbst zu programmieren. Letztendlich siegte allerdings immer der Spieltrieb. So verschwendete ich meine "schönste Zeit" mit den Giana Sisters oder mit Dave, Mandy und Bernhard im Maniac Mansion.

Und so erfüllt es mich immernoch mit einem retro-Kribbeln wenn ich an die pixeligen Spielfiguren denke mit denen ich damals eine so schöne Zeit hatte. (Ganz so, wie wenn man plötzlich Dreams Are My Reality im Kaufhausradio hört.) Ein regelrechtes Retroparadies ist c64s.com wo man viele viele alte C64-Games online zocken kann. Bei mir springt Giana zwar etwas rucklig, ich weiß allerdings nicht genau ob es nicht im Original auch so war.

via Nerdcore