Arbeit und Faulheit - Über die Zukunft des schönen Lebens
Der Titel der aktuellen Zitty-Ausgabe stellt die Frage »Hat Arbeit noch eine Zukunft?«. Und natürlich ist dies eine sehr berechtigte Frage. Im Zuge der technischen Entwicklung wird dem Menschen immer mehr Arbeit von Maschinen abgenommen, nahezu alle Wirtschaftssektoren können größtenteils automatisiert produzieren.
Die aktuellen Reformen des Arbeitsmarktes werden daran nicht viel ändern. Arbeitsplätze entstehen - wenn überhaupt - im Niedriglohnbereich, durch Mangel an gut bezahlten Arbeitsplätzen können die Kapitalbesitzer Löhne weiter drücken. Wohlstand und soziale Gerechtigkeit sehen anders aus. In einem System, in dem bezahlte Lohnarbeit die wichtigste Quelle für Lebensunterhalt und Lebenssinn darstellt führt dies zwangsläufig für viele ins soziale Abseits. Mit dem Verlust der Arbeitsstelle geht auch Verlust von sozialen Kontakten einher.
Wir befinden uns also mitten in einem Paradox: einerseits nimmt uns das von uns geschaffene Paradies der Maschinen und Automaten jegliche schwere und mühsame Arbeit ab - andererseits sind wir systembedingt gerade davon abhängig einen Arbeitsplatz zu haben. Die politischen Forderungen der neuen Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit sind deshalb genauso altmodisch wie die Politik der SPD. Das Dogma Arbeit für Alle ist weder fortschrittlich noch hilfreich.
Eine Debatte, die sich um die Zukunft der Arbeit dreht, sollte eine Debatte über die Zukunft von Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit sein. Ein durchschnittlicher Arbeitsplatz im Neokapitalismus bietet beides nicht. Okay, er bietet ein - mehr oder weniger - geregeltes Einkommen und eine Beschäftigung auf Zeit. Dafür wird dem Arbeitsplatzbesitzer wertvolle Lebenszeit und Kreativität genommen - ganz abgesehen von den gesundheitlichen Folgen des arbeitens. Das Dogma der postindustriellen Gesellschaft ist dennoch Arbeit um jeden Preis - Arbeit um der Arbeit willen. Verlassen wir also den gesellschaflichen Tellerrand und schauen, was eine hochtechnisierte Welt ohne Arbeitsdogma den Menschen alles bieten könnte:
Da wäre als erstes die Freizeit. Von vielen Arbeitsplatzbesitzern wird bemängelt zu wenig davon zu haben. Warum um Gotteswillen reiten sie ständig auf dem Arbeitsdogma rum? Wenn eine Maschine meine Arbeit macht sollte ich doch froh sein, dass ich selbst nicht mehr am Fließband stehe.
Die eigene Kreativität könnte ihre Höchstform erreichen. Ohne Leistungsdruck kann jeder seinem dilettantismus nachgehen, also Tätigkeiten aus Lust und Freude. Wieviele Freie Werke: geniale Romane, wunderbare Musikstücke, schöne Kunstwerke könnten entstehen, wenn die Kreativität jedes einzelnen der Verwertungslogik entzogen würde. Und dies nicht nur in der Kunst - für nahezu alle Lebensbereiche wäre das eine Bereicherung (siehe Freie Software).
Wir erfreuten uns bester Gesundheit. Kein Arbeitgeber könnte uns dermaßen Druck machen, dass wir psychisch daran zerbrechen würden.
Nun, genug davon, das denken und spinnen sollte soweit angeregt sein. Auf der Suche nach Wegen aus dem Dilemma:
Nehmen wir Abschied vom Vollzeitjob der heutigen Zeit. Würde man die Regelarbeiszeit um nur 25% kürzen, könnt könnte man allen Erwerbslosen wieder ein Einkommen zugesichern. Im laufe des weiteren technischen Fortschritts könnte man die Arbeitszeit noch drastischer verkürzen. Dies ist der einzige Weg aus der so genannten Krise der Arbeit- zumindest wenn man im kapitalistischen System bleibt. Vielleicht befinden wir uns aber auch auf dem Weg in eine neue Gesellschaft. Über die Idee von Oekonux schreibe ich aber ein anderes mal.
Bis dahin Pflichtlektüre: Paul Lafargue: Das Recht auf Faulheit
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