Die Revolution ist das größte, alles andere ist Quark.
Rosa Luxemburg

Mittwoch, April 19, 2006

Deutsche Doppelmoral

Laut Tagesschau verurteilte heute Frau Merkel den rassistischen Angriff auf einen Menschen äthiopischer Herkunft in Potsdam als "abscheuliche und menschenverachtende Tat". Soweit so gut. Frau Merkel tut gut daran, rechtsextremistische und rassistische Verbrechen derart zu verurteilen. Doch fragt man sich, warum gerade jetzt, warum nicht letzte Woche, vorletzte Woche, jeden Tag? Das Verbrechen scheint den Osterfrieden der Politikerin / Medien gebrochen zu haben. Auch wenn nicht immer Ostern ist, sind rassistische und rechtsextreme Gewalt in Deutschland an der Tagesordnung. Scheinbar schaffen sie es nur zu Feiertagen, an denen nichts anderes zu berichten ist in die 20.00 Uhr-Nachrichten. Deshalb hier nur eine unvollständige Aufzählung der letzten Wochen:
  • Vier Unbekannte beleidigten am 11. April in Krefeld (Nordrhein-Westfalen) einen 18­jährigen türkischer Herkunft mit rassistischen Sprüchen, schlugen ihn zusammen und raubten ihn aus.
  • In der Nacht vom 5. auf den 6. April verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf eine türkische Teestube in Mülheim (Nordrhein-Westfalen).
  • Vier Neonazis im Alter von 15 bis 19 Jahren haben am 4. April in Cham (Bayern) einen 36jährigen Mann aus dem Irak beleidigt und körperlich angegriffen. Das berichtete das Coburger Tagblatt. Der Mann musste wegen Gesichtsverletzungen im Krankenhaus behandelt werden.
  • Wie die Westdeutsche Zeitung berichtet, wurde am 30. März ein Brandanschlag auf ein türkisches Bildungszentrum in der Innenstadt Dortmunds verübt. Die Brandsätze seien mög­licher­weise von selbst erloschen, das Mo­tiv der Täter sei noch unklar.
  • Ein 57jähriger verfolgte am 25. März einen Mann aus Burkina Faso mit einer Machete und brüllte rassistische Parolen. Der Vorfall ereignete sich in Magdeburg (Sachsen-Anhalt).
  • Eine zwanzigköpfige Gruppe attackierte am 24. März in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) einen Sudanesen. An einer Bus­hal­te­stel­le schlugen einige aus der Gruppe den 24jährigen.
  • Wie erst vergangene Woche bekannt wurde, sprang am 20. März in Frankfurt an der Oder (Brandenburg) ein Kenianer aus Angst durch ein geschlossenes Fenster aus dem ersten Stock der Ausländerbehörde. Man hatte ihm mitgeteilt, dass er abgeschoben werden solle.
  • In Cottbus (Bran­denburg) griffen am 18. März Unbekannte einen Mazedonier an und verletzten ihn schwer. Dies berichtete die Berliner Morgenpost. Zwei Männer belästigten den 28jährigen zunächst in einem Bus und schubsten ihn. Als der Mann aussteigen wollte, verfolgte ihn eine etwa zehnköpfige Gruppe und schlug ihn zu Boden.
und so weiter und so fort... Rassismus ist in Deutschland alltäglich. Ebenso alltäglich sollten Bürger wie Politiker ihre Antirassistische Haltung zeigen, wollen sie glaubwürdig diese "abscheuliche und Menschenverachtende Tat" verurteilen. Was die Politiker hier inszenieren ist ein weiteres Beispiel eines medienwirksamen Antifaschismus' in der Tradition des "Aufstands der Anständigen". Sollte Frau Merkel das Thema am Herzen liegen, kann sie sich Woche für Woche die neuesten "abscheulichen Taten" ihrer Volksgenossen in der Jungle World durchlesen.