Die Revolution ist das größte, alles andere ist Quark.
Rosa Luxemburg

Samstag, September 09, 2006

Reduce your Footprint - Faire Schuhe (3)

Wie die Schuhe nach drei Monaten tragen aussehen, kannst Du dort lesen: HIER!KLICKEN!

Während wir heute fair gehandelten Biokaffee oder Schokolade an jeder Ecke kaufen können (sogar bei Edeka gibts extra Fairtrade-Marken), ist dies bei Kleidung schon komplizierter. Im Eine Welt Laden gibts dann höchstens mal Wickeltücher oder T-Shirts mit Ethnomuster. Wems gefällt...

Aber gerade Kleidung ist öfters Thema von Fair Trade-Kampagnen. Mode lebt von tollen Marken. Während die Marke (und die Marketingkampagne) in Europa oder den USA konzipiert wird, wird das Produkt letztendlich am anderen Ende der Welt gefertigt: klar in China, Guatemala oder Mexiko nimmt man es mit Arbeitsschutz, Gewerkschaftsfreiheit und anderen Arbeitnehmerrechten nicht so ernst und die Arbeitskraft ist billig. An einem fiktiven Schuh für 120 Euro verdient der Arbeiter im durchschnitts-Sweatshop gerade mal 60 ¢ent. Auf dieser Grafik wird deutlich, wohin die restlichen 119,40 gehen: Marketing, Handelsspanne, Markenfirma.

Bei all der Kritik an dieser Form der neoliberalen Wirtschaftsweise fehlte es lange Zeit an ernstzunehmenden Alternativen. Wie gesagt, wer den Ethnolook nicht mag, war aufgeschmissen. Zum Glück hat sich daran inzwischen einiges geändert.

Vor einem Jahr tat sich das erste Paar halbwegs stylischer "fairer Schuhe" auf. Die Black Spot Sneaker wurden von der Initiative AdBusters entworfen und zu vernünftigen Arbeitsbedingungen in Portugal produziert. Inzwischen gibt es einige Nachfolger: No Sweat, Veja und Antipathy Antiapathy bieten inzwischen fair produzierte Turnschuhe für verschiedene Geschmäcker.

Natürlich wäre es am vernünftigsten, man würde die Schuhe vor Ort unter mitteleuropäischen Arbeitsstandards produzieren. Marketingkosten würden minimiert, da das Label "Fair produziert" für viele schon einen ausreichenden Konsumgrund liefert. Transport- und damit Umweltkosten wären minimal und Arbeitskräfte stehen genug zur Verfügung.

Bis es soweit ist (das soll ein Aufruf sein, ein solches Unternehmen zu gründen, am besten genossenschaftlich organisiert. Ich bin leider nicht so der Unternehmer...) müssen wir die fair trade sneaker importieren.

Auf meiner Suche nach neuen Schuhen bin ich auf Fair Wear gestoßen, einem recht jungen Versandhandel mit fair gehandelter Street Wear. Das Angebot ist noch recht mager, reicht aber vom T-Shirt über Kaputzenpulli bis hin zu Schuhen. Ich habe den Escape Vegan bestellt, ein Schuh von Worn Again, der nebenbei auch noch Ressourcenschonend ist: Er besteht (laut Werbetext) zu 99% aus recycletem Material, im Kaufpreis sind außerdem 15 ¢ für Climate Care eingerechnet, einer Organisation, die ähnlich wie Atmosfair die beim Transport entstandenen Emissionen wieder "einspart".

Der Versand ging schnell, leider haben die Jungs mir die falsche Größe geschickt. Umtauschen war aber kein Problem (es gab sogar noch eine Tüte Bio-Gummibärchen als Entschuldigung). Über die Qualität kann ich noch nicht viel sagen: der Schuh sitzt gut und bequem und macht einen soliden Eindruck. Auf ihrer Website versprechen die Hersteller, dass sie die Schuhe kostenlos reparieren, wenn sie kaputt gehen. Wenn das mal kein Service ist.

Es gibt sie also inzwischen: die Alternativen zum Sweatshop-Swoosh. Fair Wear, Antiapathy und Co. werden damit zwar den Kapitalismus nicht abschaffen, bis es soweit ist geben sie allerdings die Möglichkeit zu einem fairen Austausch, bei dem man auch auf seinen persönlichen Style nicht verzichten muss.

Sascha von Fair Wear war so nett, mir ein paar Fragen per E-Mail zu beantworten:

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Geschäft mit fair gehandelter Street Wear aufzuziehen?

So wirklich angefangen hat das durch die Mitarbeit an einer Wanderausstellung zu Arbeitsbedingungen in der Sportartikelindustrie und einer Magisterarbeit zum Thema Liberaliesierung der Textilmärkte. Besonders für die Ausstellung waren wir ständig auf der Suche nach Alternativen. Da gab es aber nur ganz wenig, dessen Style mir auch gefiel. Je intensiver ich mich mit dem Themenbereich auseinandergesetzt habe,
deesto größer wurde das Bedürfnis nach fairen Sachen. Zusammen mit der
Frage "Was tun als Sozialwissenschaftler nach dem Studium" entwickelte
sich die Idee fairer Streetwear immer weiter.

Warum soll ich als zufriedener Markenkunde auf fairtrade-Klamotten umsteigen?

Da gibt es viele Gründe. Natürlich vor allem politische: die miesen Arbeitsbedingungen in den Weltmarktfabriken und die ökologische Katastrophe. Die schlechten Arbeitsbedingungen haben natürlich auch Rückwirkungen auf die Arbeitsbedingungen hier. Wir sollen länger arbeiten, die Löhne sinken, die "Lohnnebenkosten" müssen runter. Das liegt einfach an der Konkurrenz, die wir selbst erzeugen, indem wir denken: "Billig, billig und billig muss es sein!"
Bei einem Marken-Turnschuh gehen 30% in die Marke und die Werbung, die
Arbeiterinnen bekommen nicht mal 1%. Dabei sind Markenklamotten teuer, oft teurer als unsere Sachen. Dabei sind sie oft auch noch mit Schadstoffen belastet, d.h. in meinen Augen ist die Qualität dadurch schlechter. Außerdem sind unsere Sachen anders als der Einheitsbrei der Modediscounter. Bei den Worn Again z.B. ist jede Sohle ein Unikat. Wenn es ab November die Möglichkeit gibt unsere Kollektion zu kaufen, können die KundInnen auch eigene Shirts in Auftrag geben, sogar Einzelstücke wenn sie wollen!

Müssen sich die Produzenten bei euch an bestimmte Standards halten? Woran erkennt man fair produzierte Kleidung? Gibt es Zertifikate?

Einen eigenen festen Standard haben wir noch nicht. Wir könnten es uns einfach nicht leisten, den auch unabhängig kontrollieren zu lassen. Allerdings legen alle Hersteller offen, wo sie produzieren (lassen) und wie viel die Leute in der Fabrik verdienen und welche Sozialleistungen sie bekommen. Das ist schon mal der größte Unterschied zu konvenzioneller Kleidung.
Einige Hersteller z.B. Worn Again sind zertifiziert, anderen glauben wir
einfach z.B. No Sweat. Wir schauen dann natürlich genau hin, dass das in unseren Augen fair ist. Im Einzelnen kann man das aber bei uns auf der Seite nachlesen.

Euer Angebot ist noch nicht besonders groß. Sind Fair Trade-Klamotten ein Nieschenprodukt? Wie sind die Tendenzen?

Unser Angebot ist auch deshalb so klein, weil wir so wenig Kapital haben.
Die Sachen stapeln sich zusammen mit unseren Schreibtischen auf 18m². Garagenbetrieb halt...
Als ich vor ca. 2 Jahren angefangen habe zu suchen, gab es in Europa so gut wie nix. Die meisten unserer Lieferanten sind in dieser Zeit entstanden. Jetzt gibt es immerhin etwas - mehr als wir uns leisten können vorzustrecken. Meiner Einschätzung nach boomt faire stylische Kleidung allerdings viel mehr als in Deutschland. Besonders England ist der Wahnsinn, da haben manche Kleidungs-Discounter auch Biojeans. Deutschland ist da einfach noch nicht so weit.

Meint ihr, dass fair gehandelte Kleidung so wie Kaffee oder Schokolade irgendwann die großen Handelsketten erreicht? Ist das überhaupt wünschenswert, oder sind Initiativen "von unten" wichtiger?

Puh, schwierige Frage. Das hängt natürlich von den KonsumentInnen ab. In anderen Ländern scheint das ja zu funktionieren. Insgesamt fänd ich es allerdings wichtig, dass sich die Konsumkultur insgesamt ändert. Lidl hat zwar fair gehandelten O-Saft, aber ob ich den auch noch wirklich fair nennen würde, wenn die Kassiererin den über den Scanner gezogen hat, weiß ich nicht. Von unten ist halt immer am besten. Ob sich das wirklich alle leisten können ist dann allerdings eine andere Sache.

Wie ist eure Kundenstruktur? Kaufen bei euch nur Globalisierungskritiker und andere Aktivisten oder auch der typische Niketräger?

Puh , dass weiß ich nicht. Wir bekommen ja nur die Leute zu Gesicht die bei uns vorbeikommen. Das waren bisher meist Freunde und Bekannte. Auf jeden Fall sind alle saunett. GlobalisierungskritikerIn, AnarchistIn, AntideutscheR oder alles zusammen zu sein hat mit "keine Nikes und nicht zu Aldi" ja nicht so viel zu tun. Ich habe übrigens auch ein Paar alte Nikes von meinem Mitbewohner abgeluchst - geile Teile, echt oldschool. ;-)

Habt ihr schon Feedback zur Qualität der Kleidung? (Halten die Fair Trade Sneaker genauso lange wie meine Vans?)

Bestimmt! Arbeiter, die mehr verdienen geben sich ja auch mehr Mühe, oder? Nee, mal im Ernst, FairWear gibt es ja erst seit 3 Monaten, da können wir noch nix sagen. Die einzigen Schuhe im Dauereinsatz sind bisher ein Paar No Sweat Sneaker. Die halten definitiv so lange wie Converse Chucks. Mit meinen Sachen bin ich auch super zufriefden. Alles andere macht einfach einen sauguten Eindruchk auf uns.

Arbeitet ihr mit anderen Importeuren fair gehandelter Kleidung zusammen? Gibt es mehr Händler dafür in Deutschland? Seid ihr vernetzt?

Momentan nur Vinzenz aus München. (www.vandill.com) Der importiert die No Sweat Sachen für uns, weil er deren Distributor für Mitteleuropa ist, hat in seinem Shop aber sonst keine fairen Sachen. (American Apparell nenne ich mal nicht fair...) Wir arbeiten gerade an Kooperationen mit Leuten, die in Zukunft Siebdruck auf unsere Shirts machen wollen. Soweit ich weiß, gibt es aber nicht so viel faire Kleidung in
Deutschland. Spontan fallen mir da LamuLamu und HessNatur ein. Die
verkaufen aber andere Sachen als wir.

ältere Beiträge zum Thema:

Faire Schuhe
noch mehr faire Schuhe

Labels: , , ,

7 Comments:

Blogger Larissa said...

Sehr interessant und nützlich, danke schön :)

Samstag, 23 September, 2006

 
Anonymous Anonym said...

auf www.blackspotsneaker.de gibts auch faire schuhe

Donnerstag, 19 Oktober, 2006

 
Anonymous Anonym said...

GUT ,Sie haben viele Auskünfte gesammelt.
Ich bin beeinflusset.
Ich habe auch ein bisschen Information.

Bitte klicken sie dise Link ein
www.hip-hop-Klamotten.de

Montag, 13 November, 2006

 
Anonymous Anonym said...

Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

Mittwoch, 01 Oktober, 2008

 
Anonymous Anonym said...

Ich finde Ihren Artikel auch sehr interessant! Sehr informativ!
Schauen Sie mal rein unter:
http://www.unser-spielzeug.de

Mittwoch, 01 Oktober, 2008

 
Blogger messer-und-scheren said...

Wirklich sehr interessant!
Habe viele neue Informationen sammeln können, Danke!
Schauen Sie mal rein unter:
http://www.messer-und-scheren.de

Mittwoch, 01 Oktober, 2008

 
Anonymous Anonym said...

Wir von fairwear heißen jetzt übrigens zündstoff.

Dienstag, 24 Februar, 2009

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home